Lehrer bei der AfD melden? - Die Meinung der Schulleitung

Schulen in Deutschland sind zur politischen Neutralität verpflichtet. Diese Neutralität betrifft natürlich besonders den Unterricht und damit die Lehrer. Verstößt ein Lehrer gegen diese Pflicht, kann man ihn anzeigen und der Problematik so auf dem rechtsstaatlichen Weg begegnen. Die Partei AfD ist der Ansicht, dass es nicht einzelne Lehrer sind, sondern, dass sie flächendeckend an den Schulen Deutschlands falsch und abwertend dargestellt wird. Um dafür "Beweise" zu sammeln hat sie in verschiedenen Bundesländern Online-Portale eingerichtet, wo Schüler ihre Lehrer melden können. [Siehe dazu folgenden Beitrag in der „Zeit“: https://www.zeit.de/gesellschaft/schule/2018-10/afd-lehrerpranger-url-afd-lehrerpranger-online-denunziation-eltern-schueler/komplettansicht vom Oktober 2018.]

Die Courage AG verurteilt dieses Vorgehen scharf. Abgesehen davon, dass es den rechtsstaatlichen Weg untergräbt und die Meldungen keine Beweiskraft haben (Behauptungen sind keine Beweise, besonders, wenn sie anonym sind), hat Deutschland einfach schlechte Erfahrungen damit gemacht, Listen von Menschen zu erstellen. Grund genug, vor Ort genauer hinzusehen und zu fragen: Wie sieht es bei uns aus? Dazu befragten wir Frau Schlesselmann:

Empfinden Sie die jetzigen gesellschaftlichen Entwicklungen in Bezug auf Pegida, Chemnitz oder den Aufschwung der AfD als belastend?

Fr. Schlesselmann: Ich empfinde die Entwicklungen als beunruhigend, weil es fortschreitend wieder möglich wird, unreflektierte und unüberprüfte Parolen zu verbreiten. Das ist erschreckend und auch nicht mit der Zielsetzung der Schule, mehrdimensionales Denken fördern zu wollen, vereinbar.

Inwiefern erleben Sie Veränderungen des Schulklimas?

Fr. Schlesselmann: Zum Glück habe ich den Eindruck, dass es kaum Veränderungen in die Richtung der gesamten gesellschaftlichen Entwicklungen gibt. Leider habe ich aber davon gehört, dass sich einige Schüler über ein junges asiatisches Mädchen aufgrund ihrer Herkunft lustig machen. So etwas ist inakzeptabel und toleriere ich nicht! Deshalb ist es wichtig, dem Thema Aufmerksamkeit zu schenken und Raum zu schaffen.

Was halten Sie von der Möglichkeit, Lehrer die sich kritisch zur AfD äußern, melden zu können?

Fr. Schlesselmann: Ich lehne diese Meldeplattform ganz und gar ab. Ich denke, dass man sich auch in der Schule kritisch mit allen Parteien auseinandersetzen muss, damit Schüler verantwortungsvolle, kritische Menschen werden können. Ich gehe auch davon aus, dass die Lehrer dieser Schule das tun, denn das ist das Ziel der Institution Schule. Die AfD hat keine Handlungsansätze zum Lösen von Problemen, schürt Ängste, und hetzt auf. Lehrer dann so darzustellen als wären sie das Problem, finde ich schlimm.

Macht Ihnen persönlich das Sorgen?

Fr. Schlesselmann: Ich kenne keine AfDler persönlich, und stelle mir Gespräche mit ihnen schwer vor. Trotzdem denke ich, dass man sie nur entlarven kann, indem man sie anhört und sie einbezieht. Dann sieht jeder, dass hinter den hohlen Phrasen nichts steckt.

Welche Verantwortung hat die Schule in Bezug auf den Umgang mit politischen Entwicklungen und den unterschiedlichen Meinungen dazu?

Fr. Schlesselmann: Wir als Schule sind zur Neutralität verpflichtet. Unsere Aufgabe ist es, unsere Schüler auf ihr Leben nach der Schule vorzubereiten. Sie sollen ein Verantwortungsgefühl für das Gemeinwesen entwickeln und demnach dann auch Verantwortung übernehmen. Was mir Sorgen bereitet ist, dass das Ich-Bezogene in der Gesellschaft immer präsenter wird. Ein starkes Gefühl, für die Gesellschaft wichtig zu sein und unterstützend wirken zu können, könnte an dieser Situation etwas ändern.

Die Courage AG